Spieglein, Spieglein...

(Fortsetzung der Herbst-Belehrungen von Gyalwang Karmapa.)Mit einigen Geschichten brachte Gyalwang Karmapa mit viel Humor und Leichtigkeit die tiefgründigen Themen auf den Punkt. So auch in der Geschichte über einen König und seinem Diener. Eines Tages erhaschte der König einen Blick in einem Spiegel und rief aus: „Was ist dies für ein hässliches Gesicht!“ Offensichtlich überzeugt, dass das Problem im Spiegel liegt, entschied der König den Spiegel nicht mehr in die Hand zu nehmen und empfahl dem Diener ebenfalls nicht in den Spiegel zu schauen. Der Diener jedoch sah dies als eine Gelegenheit um dem König sein Leid zu klagen: „Ihre Majestät, Sie haben Ihr Gesicht einmal im Spiegel gesehen und müssen dies nun nie mehr tun. Ich jedoch muss dieses Gesicht die ganze Zeit angucken, Tag für Tag, und werde es auch in der Zukunft ansehen müssen.“
Gyalwang Karmapa fügte dann hinzu, dass genau wie wir in den Spiegel schauen für unsere körperliche Erscheinung, ist es noch von viel grösserer Notwendigkeit einen Spiegel zu haben, der uns erlaubt, unseren eigenen Geist zu sehen.
Wenn wir analysieren, wie die Wut funktioniert, scheinen wir häufig nicht zu verstehen, dass unsere Wahrnehmung von einem Feind da draussen eigentlich von unserer eigenen Haltung von Böswilligkeit kommt und von unserer Gewohnheit den Groll kleiner Begebenheiten zu nähren, erklärte Gyalwang Karmapa. Wenn wir es uns aussuchen uns kontinuierlich in Verletzungen, die uns in der Vergangenheit angetan wurden, zu drehen- meistens Ereignisse die nur einen kleinen Teil dessen andauerten, als wir danach darüber brüten- machen wir uns unsere liebevollen Mutter- und Vater-fühlende Wesen zu unseren Feinden. Als Praktizierende auf dem spirituellen Weg können wir jedoch auf die Verletzung der anderen mit noch grösserem Mitgefühl antworten.

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