Winziger Start, riesige Aspiration

In einem Gemeinschaftsmeeting haben wir herausgeschält, was unsere Schwerpunkte, Visionen und Wünsche für diese Gemeinschaft sind und Ven. Damchoe hat all die Notizen dann in diese Form gebracht, die ich nun hier ins Deutsche übersetzte.
Dies ist eine angepasste Version von dem Brief, den wir SH Gyalwang Karmapa Orgyen Trinley Dorje bei einer Audienz vorgelesen haben, - natürlich in englisch.


Eure Heiligkeit, nun haben wir begonnen zusammenzuleben, langsam probieren wir Strukturen für die Gemeinschaft aus, die sich einerseits nach der Vinaya richten und andrerseits zu unserem Hintergrund passen und mit unserer Mahayana-Ausrichtung einhergehen. Wir machen dies mit der Vision, eine Basis für eine größere Gemeinschaft in der Zukunft zu schaffen. Für uns als Westlerinnen, dies wird wohl etwas Raum für Experimente brauchen. In Zusammenarbeit wollen wir die richtige Balance finden, damit eine starke, stabile und harmonische Gemeinschaft langsam seine Form finden kann. Auf lange Sicht streben wir danach, eine Gemeinschaft zu formen, in der Nonnenschülerinnen aus vielen verschiedenen Ländern gemeinsam Richtung Erwachen gehen können. Wir wünschen uns, eine schöne und blühende Plattform zu bilden, die anderen auf verschiedenste Weise von Nutzen sein wird, doch dessen volle Form wir uns im Moment selber noch nicht vorstellen können. Mit eurer Heiligkeit würden wir gerne unsere Ideen und Wünsche für diese Gemeinschaft teilen.

Monastisches Leben als wertvoller Beitrag des Buddhadharma für WestlerInnen
Als WestlerInnen sind wir in einer Umgebung aufgewachsen, die uns sagt, dass Glücklichkeit von der Ansammlung von äußeren Guetern und Sinnesfreuden abhängig ist. Unter all den vielen Belehrungen, die der Buddhadharma zu offerieren hat, zeigt der monastische Weg ein direktes und lebendiges Beispiel, dass es möglich ist, mit viel weniger zufrieden zu sein als unsere Gesellschaft meint sei notwendig für ein glückliches Leben. WestlerInnen, die ein sinnvolles und freudvolles monastisches Leben führen, können Zeichen setzen, dass die Ursachen für Glück an einem anderen Ort liegen, als normalerweise gedacht wird. Deshalb haben wir das Gefühl, dass der monastische Buddhismus einen sehr wertvollen Beitrag zur westlichen Kultur leisten kann und somit der globalen Kultur, die dadurch beeinflusst wird.

Gemeinschaftsleben als integrierender Teil der Dharmapraxis
Zusammen in einer Gemeinschaft zu leben, zeigt eine lebendige Demonstration von Buddhas Belehrungen, dass unsere Jagd nach der individuellen Glücklichkeit nur erfolgreich sein kann, wenn wir uns aktiv um das Wohl der anderen kümmern. Auch in diesem Sinne kann eine harmonische monastische Gemeinschaft der westlichen Gesellschaft ein direktes Argument liefern, gegen den Glauben, dass wir nur auf Kosten anderer glücklich sein können.

Nur unterstützende Umstände für unsere individuelle Dharmapraxis und individuelles Dharmastudium zu haben ist nicht unsere Absicht des Zusammenlebens. Viel mehr sehen wir das Leben in Gemeinschaft als integrierender Teil von unserer Arbeit unseren Geist zu transformieren, welches das Ziel der Dharmapraxis und des Dharmastudiums ist. Wir wertschätzen die Chance, in gegenseitiger Unterstützung uns zu helfen, das Leben in Gemeinschaft als Methode von Erkennen und Konfrontieren unserer eigenen verblendeten Emotionen und Selbstzentriertheit zu nutzen, sodass Toleranz und liebende Güte sich entwickeln können und wir lernen, uns liebevoll um andere zu sorgen.

Wie auch immer, Individuen, die einfach zusammen im gleichen Haus leben, formen nicht automatisch eine Dharmagemeinschaft. Um Stabilität und ein Gefühl von Vertrautheit in der Gemeinschaft zu kultivieren, finden wir es wichtig gemeinsam auch formal zu praktizieren. Auch das gemeinsame Hören der Aufnahmen verschiedener Dharmabelehrungen hilft uns, unsere Praxis zu vertiefen. Auf einer praktischen Ebene kochen und essen wir gemeinsam, folgen einem Tagesplan der Rezitationen und Praxis in der Gruppe am Morgen und Abend und tägliches Hören der Dharmabelehrungen beinhaltet.

Training in der Vinaya
Wir sehen die Richtlinien, die Buddha für seine monastischen Schüler und Schülerinnen entworfen hatte, als persönliche Anleitung, die uns hilft unseren Geist zu transformieren, indem wir Körper und Rede disziplinieren. Wir sehen dieses Regelwerk als Grundriss für unser Gemeinschaftsleben. Wir finden es sehr hilfreich, jede zweite Woche zum Sojong (Reinigungszeremonie der Gelübde) zu gehen. Wir essen nicht am Abend und teilen finanzielle Ressourcen, sodass wenn wir Geld brauchen müssen, können wir dies tun, ohne zu denken es ist mein.

Obwohl wir anerkennen, dass viele der Regeln, geschrieben in der Vinaya, ursprünglich als Antwort auf einen anderen Kontext gedacht waren, wollen wir doch diesem Modell folgen wo immer möglich und passen es nur, wo es nötig erscheint, an. Gerade da sehen wir die Wichtigkeit, der Führung eines authentischen, realisierten Lehrers - die wir in eurer Heiligkeit schon haben dürfen - und einer geschützten Umgebung, in welcher wir nach der Vinaya leben können - was wir jetzt mit unserer Gemeinschaft bilden.

Freude wahren in unseren Gelübden
Obwohl es hart sein kann, sich mit den verblendeten Emotionen zu konfrontieren, sehen wir es als unglaubliches Geschenk an unter dem Schutz der „pratimoksha“- Gelübde zu leben und diese edle Lebensweise miteinander zu teilen. Unser weiteres großes Glück, dass wir als Nonnen unter eurer Heiligkeits Obhut sein dürfen, erfüllt uns mit einer Freude, die in Worte nicht zu fassen ist. Diese Freude hilft uns einen entspannten Geist zu kultivieren, inmitten der manchmal schwierigen Arbeit von Selbsttransformation. Wir möchten diese Freude wahren und kultivieren können, als einen Eckstein für unser Leben in der Gemeinschaft.

Eine stabile Basis schaffen, für Nonnen, die später dazu kommen wollen
Auf gewisse Weise ist der westliche kulturelle Hintergrund nicht so hilfreich und unterstützend für das Gemeinschaftsleben. Viele von uns sind aufgewachsen mit der großen Wertschätzung unserer eigenen ‚Unabhängigkeit’, mit der Überzeugung, dass wir einen privaten Raum brauchen, und dass wir planen und arbeiten für unsere eigenen Bedürfnisse. Als ein Resultat, finden es westliche Nonnen häufig natürlich, dass sie nach der Ordination alleine Leben und sich um ihre eigenen materiellen Bedürfnisse kümmern sollten, um so im privaten den Dharma zu praktizieren. Da sowieso ein großer Mangel an Plätzen besteht, in denen westliche Nonnen zusammenleben und trainieren können, der Entscheid, einen mehr privaten und individuellen monastischen Stil zu entwickeln, ist leicht gemacht. Als ein Resultat, Westlerinnen, die in eine monastische Gemeinschaft eintreten, haben häufig viele Anpassungen zu machen, sodass ein Eingliedern nicht immer reibungslos verlaufen kann.

Mehr noch, obwohl wir das Wort “WestlerInnen” benutzen, ist klar, dass es nicht eine einzige westliche Kultur gibt. So klein, wie sie ist, unsere Gemeinschaft beinhaltet schon Leute von drei verschiedenen Kulturen. Deshalb ist es wichtig, auch diese kulturellen Verschiedenheiten im Gemeinschaftsleben zu berücksichtigen. Schwierigkeiten und Konflikte in den verschiedensten Variationen sind im Gemeinschaftsleben unvermeidlich, in dem viele Egos und viele verblendete Emotionen aufeinandertreffen. Nur mit der Zeit können wir die nötige Basis von Vertrauen und Sicherheit in uns selber und ineinander bilden, um uns diesen Momenten mit Gleichmut und Mitgefühl zu stellen.

Aus diesem Grund denken wir, keine neuen Mitglieder aufzunehmen, bis wir zuerst diese stabile Basis geschaffen haben, in die sich dann neue Mitglieder einfügen können. Lieber so, als, dass sich die Gemeinschaft den individuellen Wünschen von jedem neuen Ankömmling anpasst.
Im Moment denken wir uns, dass wir vielleicht etwa zwei Jahre brauchen, um langsam dieses nötige Fundament zu bilden, bevor wir an das Wachsen dieser kleinen Gemeinschaft in seinen Anfängen, denken können.

Unser Wunsch ist es, uns selber so auszubilden, dass wir hilfreich für unendlich viele Wesen sein können, ohne die Möglichkeiten zu verpassen, anderen unsere Hilfe in einer kleineren Form anzubieten, während wir auf diesem Weg vorwärtsschreiten. Wir sehen das Formen einer monastischen Gemeinschaft als ein hervorragender Weg beides zu tun, zu lernen wie zu geben und zu geben zur gleichen Zeit.Wir lassen es offen für später, was auf diesem Fundament gebildet wird. Zum jetzigen Zeitpunkt ist unser Ziel einfach, daran zu arbeiten, damit wir selber und unsere winzige Gemeinschaft als eine nützliche Plattform zum Wohle anderer in der Zukunft dient.

Eure Heiligkeit, diese Worte wurden gesprochen mit einer Stimme jedoch sind es die Aspirationen von vier Herzen. Wir wertschätzen zutiefst und über jegliche Worte eurer Heiligkeits Unterstützung und bitten, mit unseren Händen gefaltet, dass Sie uns und unsere Gemeinschaft immer in naher Obhut behalten. Bitte führen Sie uns, sodass wir selber und unser gemeinsames monastisches Leben zum besten Wohle der Wesen dienen kann.

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